IRL Live-Streaming in Deutschland: Rechtliche Grundlagen und Praxisfälle

IRL Live-Streaming in Deutschland: Rechtliche Grundlagen und Praxisfälle

IRL Live-Streaming (für “In Real Life”-Streaming) bezeichnet das Liveübertragen von Alltagssituationen und Erlebnissen über Plattformen wie Twitch oder YouTube. Auf den ersten Blick klingt es verlockend, einfach mit der Kamera durch die Stadt zu laufen oder ein Event zu besuchen und dabei sein Publikum live teilhaben zu lassen. Doch so einfach ist es in Deutschland leider nicht – es gibt wichtige rechtliche Vorgaben zu beachten, und unbedachtes Filmen kann schnell zu Problemen führen. Dieser Ratgeber richtet sich an Streamer und Hobbyfilmer und beleuchtet die rechtlichen Aspekte des IRL-Streamings in Deutschland, gibt einen Überblick zu Besonderheiten an verschiedenen Orten, erläutert die technischen Voraussetzungen und stellt Praxisfälle vor, aus denen man lernen kann.


Rechtliche Grundlagen beim IRL-Livestreaming

In Deutschland unterliegt das Filmen und Veröffentlichen von Personen und Umgebungen strengen Regeln. Beim IRL-Streaming bewegt man sich rechtlich in einem Bereich, in dem vor allem Persönlichkeitsrechte, Datenschutz und Urheberrechte eine große Rolle spielen. Außerdem kann das Hausrecht von Grundstückseigentümern oder Veranstaltern relevante Einschränkungen auferlegen. Hier sind die wichtigsten Grundlagen:

IRL Stream: Datenschutz und Recht am eigenen Bild
IRL Stream: Datenschutz und Recht am eigenen Bild

Datenschutz und Recht am eigenen Bild

Jeder Mensch hat in Deutschland das Recht am eigenen Bild. Das bedeutet, dass grundsätzlich niemand in einem Video erkennbar gefilmt und dieses Material veröffentlicht werden darf, ohne vorher die Einwilligung der gefilmten Person eingeholt zu haben. Dieses Prinzip ist im Kunsturhebergesetz (KUG) verankert. Für Live-Streams ist das natürlich eine große Herausforderung: Man kann in einer laufenden Übertragung nicht jedes Mal Passanten um Erlaubnis fragen, bevor sie im Bild erscheinen. Entsprechend besteht beim IRL-Streaming immer das Risiko, Persönlichkeitsrechte zu verletzen, wenn unbeteiligte Personen deutlich erkennbar im Stream zu sehen oder zu hören sind.

Es gibt zwar Ausnahmen von der Einwilligungspflicht – etwa für Personen, die nur „Beiwerk“ neben einer Landschaft oder Örtlichkeit sind, oder für Bilder von Versammlungen, Umzügen und öffentlichen Ereignissen (vgl. § 23 KUG). Das heißt: Befindet sich jemand zufällig und kurz im Hintergrund und steht nicht im Fokus, oder filmt man eine Menschenmenge z.B. bei einer Demonstration oder einem Stadtfest, dann kann das zulässig sein. Allerdings ist diese Grenze fließend: Sobald eine Person länger deutlich erkennbar im Stream auftaucht oder gezielt ins Bild genommen wird, greift wieder das Recht am eigenen Bild. Dann hätte man eigentlich vorher um Erlaubnis fragen müssen. Im Zweifel entscheiden Gerichte im Nachhinein, ob jemand bloßes Beiwerk war oder doch „zur Schau gestellt“ wurde.

Zusätzlich zum KUG gilt die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Dabei wird das Gesicht oder die Stimme einer Person als personenbezogenes Datum angesehen. Wer andere ohne Erlaubnis filmt und den Stream öffentlich überträgt, verarbeitet personenbezogene Daten. Wenn das Streaming nicht unter rein private Tätigkeiten fällt – und ein öffentlicher Internet-Stream ist nicht mehr privat – muss dafür eigentlich ein Rechtsgrundlage nach DSGVO vorliegen. In der Praxis bedeutet das in aller Regel ebenfalls: Einwilligung der Betroffenen. Eine Ausnahme kann bestehen, wenn das Filmen als journalistische oder künstlerische Tätigkeit bewertet wird, bei der die Meinungs- und Kunstfreiheit abzuwägen ist. Die meisten IRL-Streams werden jedoch eher als Unterhaltung und nicht als journalistische Berichterstattung eingestuft, sodass die Datenschutzbehörden und Gerichte tendenziell streng sind.

Fazit: Ohne ausdrückliche Zustimmung der gefilmten Personen bewegt man sich rechtlich auf dünnem Eis. Wer ungefragt Menschen im Stream zeigt, riskiert Beschwerden, Abmahnungen oder sogar rechtliche Schritte. Betroffene können verlangen, dass Aufnahmen gelöscht oder unkenntlich gemacht werden. Sie können notfalls vor Gericht eine Unterlassung erwirken und in manchen Fällen sogar Schadenersatz fordern. Im schlimmsten Fall können solche Verstöße auch als Straftat gewertet werden – etwa wenn jemandes höchstpersönlicher Lebensbereich verletzt wird (§ 201a StGB). Für IRL-Streamer heißt das: So gut es geht vermeiden, dass fremde Leute prominent im Stream auftauchen, und respektieren, wenn jemand deutlich sagt, dass er/sie nicht gefilmt werden möchte.

Urheberrechtliche Fallstricke beim Streamen

Nicht nur Menschen, auch Dinge im Bild können rechtlich problematisch sein – nämlich dann, wenn Urheberrechte oder Leistungsschutzrechte berührt werden. IRL-Streaming zeigt oft die Umgebung, doch was, wenn im Hintergrund Musik läuft oder Kunstwerke zu sehen sind? Hier einige Punkte, die Streamer beachten sollten:

  • Musik: Spielt im Umfeld Musik (z.B. Straßenmusiker, Radio im Café, Hintergrundmusik in einem Geschäft), gelangt diese auch in den Stream. Musik ist urheberrechtlich geschützt. Die Live-Übertragung eines Songs ohne Lizenz kann eine Urheberrechtsverletzung darstellen. Praktisch führen solche Fälle oft dazu, dass Streaming-Plattformen den Ton stumm schalten oder der Streamer eine Verwarnung (DMCA-Takedown auf Twitch z.B.) erhält. Rechtlich könnte der Rechteinhaber auch eine Abmahnung schicken. Daher sollte man möglichst vermeiden, dass geschützte Musik länger im Stream hörbar ist. Wenn man es nicht verhindern kann (z.B. auf einer Einkaufsstraße mit Straßenmusik), dann zumindest nicht gezielt draufhalten oder den Ton reduzieren.
  • Kunstwerke und Gebäude: Filmt man in der Stadt, können Gemälde, Statuen oder Graffitis ins Bild kommen. Werke der bildenden Kunst sind ebenfalls urheberrechtlich geschützt. Allerdings gibt es in Deutschland die Panoramafreiheit: Dauerhaft im öffentlichen Raum befindliche Werke (z.B. eine Skulptur im Park oder eine Gebäude-Fassade) darf man filmen und zeigen. Hingegen darf man in einem Museum oder einer Galerie nicht einfach die ausgestellten Bilder/Objekte live streamen – dort greift die Panoramafreiheit nicht, und meist besteht ein striktes Kameraverbot durch das Hausrecht. Auch Wandbilder oder Installationen auf Privatgelände sind problematisch ohne Erlaubnis. Als Faustregel: Alles, was öffentlich frei sichtbar ist und dauerhaft dort steht, darf ins Video – temporäre Ausstellungen oder Innenräume aber nicht ohne Zustimmung.
  • Markenzeichen und Logos: Oft tauchen in Innenstädten oder Events Markenlogos auf (etwa Reklametafeln, Firmen-Schilder, Produktmarken). Das Zeigen solcher Marken im Vorbeigehen ist normalerweise unbedenklich, solange man sie nur beiläufig im Bild hat. Problematisch wäre höchstens, wenn man gezielt ein Markenzeichen filmt und z.B. in einem schlechten Licht darstellt – dann könnten Firmen wegen Markenrecht oder Rufschädigung reagieren. In der Regel gilt aber: rein zufällige Markennennungen oder -anzeigen im Stream sind rechtlich erlaubt (vergleichbar mit redaktioneller Berichterstattung). Dennoch ist Vorsicht geboten, etwa beim Filmen von Kinoplakaten, Werbeclips auf Bildschirmen etc., da diese wiederum urheberrechtlich geschützte Bilder/Videos sein können.
  • Geschützte Veranstaltungen: Hier überschneidet sich Urheber- und Hausrecht. Beispielsweise ein Konzert oder Theaterstück – die künstlerische Darbietung selbst ist urheberrechtlich geschützt (bzw. leistungsschutzrechtlich, Rechte der ausübenden Künstler). Livestreamt man ohne Genehmigung Teile davon, verletzt man diese Rechte. Ähnlich bei Sportveranstaltungen: Die Übertragungsrechte liegen oft exklusiv bei bestimmten Sendern; privates Live-Streaming vom Fußballspiel ist daher verboten.

Zusammengefasst sollten IRL-Streamer darauf achten, keine längeren Sequenzen von geschützter Musik oder Aufführungen im Stream zu haben und vorsichtig sein, was sie ins Bild nehmen. Im Zweifel lieber die Kamera schwenken oder den Ton zeitweise stummschalten, um Rechteverletzungen zu vermeiden. Ansonsten drohen urheberrechtliche Abmahnungen, die mit Unterlassungsforderungen und Kosten verbunden sind.

Hausrecht: Filmen auf privatem Gelände

Neben staatlichen Gesetzen gibt es auch das Hausrecht. Das bedeutet: Der Eigentümer oder Betreiber eines Grundstücks oder einer Einrichtung darf Regeln aufstellen, ob dort gefilmt werden darf oder nicht. Viele Orte, die öffentlich zugänglich wirken, sind dennoch Privateigentum – zum Beispiel Einkaufszentren, Supermärkte, Restaurants, Kinos, Freizeitparks oder Bahnhöfe. Wenn man sich zum IRL-Streamen an solche Orte begibt, muss man die jeweiligen Regeln des Betreibers beachten.

Häufig gilt: Ohne ausdrückliche Erlaubnis ist das Filmen untersagt. Gerade in Läden und Malls sieht man oft Schilder „Fotografieren und Filmen verboten“. Das hat verschiedene Gründe: Schutz der Privatsphäre der Kunden, Wahrung von Betriebsgeheimnissen, Sicherheitsgründe oder einfach, um andere Besucher nicht zu stören. Wird man beim unerlaubten Filmen erwischt, kann das Personal vom Hausrecht Gebrauch machen – also einen auffordern, das Filmen einzustellen oder das Gelände zu verlassen. Im Extremfall kann ein Hausverbot ausgesprochen werden. Weigert man sich zu gehen, begeht man sogar Hausfriedensbruch (§123 StGB), was strafbar ist.

Für IRL-Streamer heißt das: Will man an einem privaten Ort streamen, sollte man vorher um eine Genehmigung fragen. Manche Einrichtungen sind kooperativ, vor allem wenn man eine gewisse Reichweite vorweisen kann – etwa ein Freizeitpark, der Influencer-Marketing schätzt, könnte eine Drehgenehmigung erteilen. Andere sind strikt und erlauben gar keine Live-Aufnahmen. Eine schriftliche Erlaubnis des Eigentümers kann im Konfliktfall sehr hilfreich sein, ersetzt aber trotzdem nicht die Einwilligung Dritter, die dort anwesend sind. (Beispiel: Der Tierpark erlaubt zwar das Streamen, aber einzelne Besucher könnten immer noch Einspruch erheben, wenn sie gefilmt werden – hier überschneiden sich Hausrecht des Parks und Persönlichkeitsrechte der Personen.)

Auch bei Veranstaltungen greift das Hausrecht des Veranstalters. Konzerte, Messen, Sportevents haben oft in den Tickets oder AGB vermerkt, dass jegliche Aufzeichnung verboten ist oder nur mit Genehmigung erfolgen darf. Wer hier einfach streamt, riskiert nicht nur urheberrechtliche Probleme, sondern kann auch vom Ordnerpersonal des Geländes verwiesen werden.

Tipp: Hält man sich in einem Graubereich auf – z.B. halböffentliche Orte wie Bahnhofshallen oder öffentlich zugängliche Gebäude – sollte man im Zweifel zurückhaltend sein mit dem Filmen. Offizielle Genehmigungen einholen oder auf öffentliche Bereiche ausweichen, ist der sicherere Weg. Zudem empfiehlt es sich, stets freundlich auf Security oder Personal zu reagieren. Oft lässt sich Ärger vermeiden, wenn man kooperativ ist und ggf. bereit, den Stream zu pausieren oder das Gelände zu verlassen, statt auf seinem „Recht“ zu beharren.

Besonderheiten bei Demonstrationen und Versammlungen

Bei politischen Demonstrationen, Kundgebungen oder sonstigen Versammlungen kommen eigene Überlegungen ins Spiel. Auf der einen Seite finden diese meist im öffentlichen Raum statt – man könnte also annehmen, das Filmen sei hier genauso erlaubt wie auf jeder Straße. Außerdem genießen Journalisten bei solchen Ereignissen die Pressefreiheit. IRL-Streamer sind aber in der Regel keine akkreditierten Journalisten, sondern Privatpersonen, die live übertragen. Daher ist Vorsicht angebracht: Zwar erlaubt § 23 KUG Aufnahmen von Versammlungen ohne dass jeder Einzelne zustimmen muss, jedoch nur, solange die einzelne Person nicht herausgehoben wird. Im Klartext: Ein Schwenk über die Demonstrantenmenge ist tendenziell zulässig, das gezielte Filmen einzelner Teilnehmer oder Nahaufnahmen von Gesichtern eher nicht, sofern keine Einwilligung vorliegt.

Hinzu kommt, dass Teilnehmer einer Demo oft nicht identifiziert werden möchten (aus Angst vor negativen Konsequenzen im privaten oder beruflichen Umfeld, gerade bei kontroversen Themen). Es kann daher passieren, dass Demonstranten ungehalten reagieren, wenn sie eine Kamera sehen. Aus rechtlicher Sicht könnten sie sich auf ihr Persönlichkeitsrecht berufen, obwohl sie an einem öffentlichen Protest teilnehmen – hier ist also ein Spannungsfeld zwischen Versammlungsfreiheit und Persönlichkeitsrecht. Im Zweifel würde wohl ein Gericht entscheiden müssen, ob der Stream von der Ereignisberichterstattung gedeckt war oder nicht. Besser ist, es gar nicht darauf ankommen zu lassen.

Praktische Hinweise: Wenn man von einer Demo oder öffentlichen Versammlung streamen möchte, sollte man möglichst zurückhaltend und respektvoll filmen. Fokussiert man lieber auf die Gesamtstimmung, die Bühne/Redner (wenn öffentlich) oder filmt sich selbst in der Menge, anstatt wahllos Leute aus der Nähe zu zeigen. Falls Teilnehmer oder Ordner einen ansprechen, sollte man erklären, was man tut, und im Zweifel das Filmen einstellen, insbesondere wenn sich jemand deutlich unwohl fühlt. Man kann gegebenenfalls vorher beim Veranstalter nachfragen, ob Live-Streaming geduldet wird – manchmal freuen sich Organisatoren über zusätzliche Reichweite, solange die Teilnehmer geschützt werden.

Wichtig zu wissen: Polizeieinsätze bei Demonstrationen dürfen von Privatleuten grundsätzlich gefilmt werden, solange man die Beamten nicht behindert. Allerdings gibt es Situationen (z.B. bei Eskalationen), in denen die Polizei Aufnahmen von Dritten kritisch sieht. Rechtlich dürfen Aufzeichnungen der Polizei nicht ohne Weiteres verhindert werden, aber es kann dennoch vor Ort zu Spannungen führen. Zudem könnte durch unbedachtes Streamen polizeilicher Maßnahmen persönliches Material Unbeteiligter (z.B. Verletzte oder Festgenommene) verbreitet werden, was wiederum rechtliche Probleme bereitet. Insgesamt gilt bei Versammlungen: Sensibilität und Zurückhaltung sind geboten, damit man weder die Rechte der Demonstranten noch behördliche Auflagen verletzt.

Unterschiedliche Orte: Wo darf man streamen?

Je nachdem, wo man live streamen will, unterscheiden sich die Rahmenbedingungen deutlich. Im Folgenden beleuchten wir typische Orte für IRL-Streams und welche Voraussetzungen dort gelten bzw. welche Einschränkungen es geben kann.

Öffentliche Straßen und Plätze

Öffentlicher Raum – also Straßen, Gehwege, öffentliche Parks, Plätze – ist grundsätzlich der unkomplizierteste Ort zum Streamen. Hier gilt keine zusätzliche Genehmigungspflicht durch Eigentümer, und man bewegt sich an der frischen Luft, wo Kameras keine Seltenheit sind (überall machen Leute Fotos oder filmen mit dem Handy). Dennoch gelten auch hier die bereits erwähnten Gesetze: Persönlichkeitsrechte Dritter müssen respektiert und Urheberrechte beachtet werden.

In der Praxis bedeutet das: Man kann sich selbst filmen, während man durch die Innenstadt läuft, architektonische Sehenswürdigkeiten oder das allgemeine Straßenleben zeigen – all das ist unproblematisch. Wenn andere Personen durchs Bild laufen, ist das in Ordnung, solange sie nicht Hauptmotiv der Aufnahme werden. Sollte jemand erkennbar und längere Zeit im Fokus sein, bewegt man sich wieder in dem Bereich, wo theoretisch eine Einwilligung nötig wäre. Die meisten Passanten werden gar nicht bemerken, dass sie im Livestream auftauchen, oder es schlicht ignorieren. Aber es gibt auch Menschen, die bewusst nicht gefilmt werden wollen. Reagiert jemand ungehalten oder fordert einen auf, die Kamera wegzunehmen, sollte man darauf eingehen: Kamera senken, erklären was man tut und im Zweifel diese Person nicht weiter zeigen. Das entschärft die Situation und verhindert möglicherweise, dass der Betroffene später rechtliche Schritte überlegt.

Anders als auf privatem Gelände kann einen auf öffentlicher Straße niemand wegen „unerlaubten Filmens“ des Platzes verweisen – solange man keine speziellen Bereiche filmt, wo ein Verbot besteht. Manche öffentlichen Orte haben nämlich trotz allem Sonderregeln: Zum Beispiel ist in Regierungsvierteln oder an bestimmten sicherheitsempfindlichen Einrichtungen das Filmen eingeschränkt (etwa keine Drohnenflüge in bestimmten Zonen, etc.). Aber für den normalen IRL-Alltag (in der Fußgängerzone, im Park, auf dem Marktplatz) gilt: Man darf filmen, muss aber auf die Inhalte achten (keine Personenrechte verletzen, keine fremden Werke unerlaubt zeigen).

Noch ein Punkt: Landschaft und Umgebung. In der Natur (Wälder, Berge, Seen) kann man problemlos streamen, sofern es sich um frei zugängliche Natur handelt. In Naturschutzgebieten sollte man jedoch die Verhaltensregeln beachten – manchmal gibt es Beschränkungen, um Tiere nicht zu stören (z.B. Drohnenverbot, Weggebot). Das betrifft zwar nicht spezifisch das Filmen, aber IRL-Streamer sollten generell darauf achten, die Umwelt nicht zu beeinträchtigen (z.B. keine grellen Lichter nachts im Wald, kein Lärm der andere stört).

Zusammengefasst: Öffentliche Orte bieten viel Freiheit zum Streamen, doch die privaten Rechte einzelner Personen gelten auch hier. Wer auf Nummer sicher gehen will, hält sich an Szenarien, in denen wenige fremde Menschen nah dabei sind – z.B. ein Spaziergang früh morgens, eine Landschaftsaufnahme – oder filmt vor allem sich selbst. Sobald man jedoch mitten im Großstadtgetümmel streamt, muss man immer mit spontanen Begegnungen rechnen. Hier zahlt es sich aus, wenn man höflich und rücksichtsvoll auftritt. Dann ist die Wahrscheinlichkeit gering, ernsthaften Ärger zu bekommen.

Freizeitparks und Tierparks

Freizeitparks, Vergnügungsparks und Tierparks sind sehr beliebte Kulissen für IRL-Streams – schließlich gibt es dort viel Spannendes zu sehen. Diese Orte sind allerdings fast immer Privatgelände mit eigenen Besuchsregeln. In den Parkordnungen steht oft etwas zur Foto- und Videoerlaubnis. Viele Parks gestatten privates Fotografieren für den Eigengebrauch, untersagen aber kommerzielle Aufnahmen ohne Genehmigung. Wo genau die Grenze verläuft – ob ein Livestream als „kommerziell“ zählt, wenn der Streamer damit Geld verdient – ist im Einzelfall zu klären. Im Zweifelsfall sollten Streamer immer vorab den Parkbetreiber kontaktieren und um Erlaubnis fragen.

Einige Parks sind kooperativ und erlauben YouTubern und Streamern Aufnahmen, solange gewisse Regeln eingehalten werden (z.B. keine Besucher gezielt filmen, keine Behind-the-Scenes-Bereiche zeigen, ggf. bestimmte Attraktionen nicht filmen). Andere Parks mögen reservierter sein. Erfolgsgeschichte: Der bekannte Streamer MontanaBlack holte sich z.B. für einen Wildpark (Tierpark Schwarze Berge) vorab die Erlaubnis, dort streamen zu dürfen. Trotzdem zeigt dieser Fall, dass eine Betreiber-Genehmigung alleine nicht ausreicht – denn MontanaBlack bekam hinterher Ärger (dazu später mehr), weil andere Besucher im Stream zu sehen waren. Das heißt: Selbst mit Park-Erlaubnis muss man immer noch auf die Privatsphäre der Besucher achten.

Freizeitparks haben oft auch Sicherheitsregeln. Auf schnellen Fahrgeschäften (Achterbahnen etc.) ist das Filmen meist verboten, weil herunterfallende Kameras zur Gefahr werden können. Auch wollen Parks nicht, dass Warteschlangen oder Sicherheitskontrollen gefilmt werden. Solche Einschränkungen sollte man respektieren – im Zweifel vorher das Personal fragen, wo Filmen okay ist und wo nicht. Tierparks legen Wert darauf, dass Tiere nicht durch Selfie-Sticks oder Blitzlicht irritiert werden; hier also ebenfalls Rücksicht nehmen und z.B. keine grellen Beleuchtungen fürs Streaming nutzen.

Manche Freizeitparks und Zoos haben inzwischen verstanden, dass Live-Berichterstattung im Netz Werbung sein kann. Es gibt Fälle, wo Streamer offiziell eingeladen wurden oder spezielle Influencer-Tage in Parks. Wer also ambitioniert ist, kann versuchen, mit dem Parkmarketing in Kontakt zu treten. Für den normalen Besucher-Streamer gilt aber: Ohne spezielle Absprache im Hintergrund bleiben, keine professionell wirkende Ausrüstung aufbauen (das erregt sofort Aufmerksamkeit des Personals) und nur mit dem Handy oder kleinen Setup agieren, um als normaler Gast zu gelten. Und falls doch jemand vom Park etwas sagt – freundlich reagieren, im Zweifel die Kamera ausschalten und die Situation klären.

Kurz gesagt: Freizeit- und Tierparks bieten tolle Motive, aber man betritt eine reglementierte Umgebung. Respekt vor den Parkregeln, den anderen Gästen und den Tieren ist oberstes Gebot. Dann hat man gute Chancen, einen schönen Stream hinzubekommen, ohne in Konflikte zu geraten.

Veranstaltungen, Events und Messen

Ob Volksfest, Konzert, Comic-Con oder Fachmesse – Veranstaltungen sind für Zuschauer spannend und daher für IRL-Streams attraktiv. Allerdings sind auch hier die Hürden hoch. Die meisten Veranstaltungen finden auf abgegrenztem Gelände statt (Halle, Stadion, Festplatz) und erfordern ein Ticket. Mit dem Kauf des Tickets akzeptiert man meist bestimmte AGB, die oft Einschränkungen bei Foto- und Videoaufnahmen enthalten. Zum Beispiel steht auf Konzertkarten häufig „Das Aufzeichnen von Bild und Ton ist untersagt“.

Bei Musik-Konzerten oder Theateraufführungen ist das Filmen strikt zu unterlassen – schon aus Respekt vor dem Urheberrecht der Künstler und dem Erlebnis der anderen Zuschauer. Ein Stream würde hier sowohl das Hausrecht verletzen als auch gegen Urheberrechte verstoßen. Ebenso bei Kino-Vorführungen oder Comedy-Shows: Hier ist Live-Streaming ein absolutes No-Go.

Anders kann es aussehen bei Messen oder Conventions. Auf öffentlichen Messen (wie Gamescom, IFA, Buchmesse etc.) sieht man oft Besucher mit Kameras. Viele Aussteller freuen sich über Social-Media-Berichterstattung. Tatsächlich erklären manche Veranstalter in ihren Hinweisen, dass Besucher damit rechnen müssen, gefilmt zu werden (z.B. durch Presse oder den Veranstalter selbst). Das heißt aber nicht automatisch, dass jeder Besucher andere Besucher filmen darf. Grundsätzlich wird es auf Messen jedoch toleriert, wenn man als Fan Eindrücke festhält, solange man niemandem auf die Füße tritt. Einige Streamer streamen von solchen Events live, oft aber mit Akkreditierung. Wer professionell auf einer Messe streamen möchte, kann versuchen, sich vorab als Presse oder Influencer anzumelden. Dann bekommt man klare Regeln und meist auch Bereiche, wo Filmen erlaubt ist. Ohne Akkreditierung sollte man vorsichtig sein: Bei vollen Hallen immer fragen, bevor man jemanden nah filmt (z.B. Cosplayer posieren gerne – die kann man freundlich um ein kurzes Statement bitten und filmen, das ist meist okay).

Ein Sonderfall sind Volksfeste (z.B. Weihnachtsmarkt, Kirmes, Oktoberfest). Diese sind zwar öffentlich zugänglich, aber oft von einer Stadt oder einem Veranstalter organisiert, der das Hausrecht ausübt. Gerade das Oktoberfest in München beispielsweise hat Regeln gegen das Filmen in den Bierzelten, um die Privatsphäre zu schützen. Auf der Kirmes oder dem Rummel darf man im Prinzip rumlaufen und die Stimmung einfangen – man sieht dort ja auch Pressefotografen oder YouTuber – aber einzelne Besucher haben auch hier Persönlichkeitsrechte. Außerdem könnten Schausteller etwas dagegen haben, wenn man z.B. in ihren Fahrgeschäften filmt (vergleichbar mit Freizeitpark).

Messen und Events haben oft laute Hintergrundmusik, Bühnenprogramme etc., was wiederum technisch eine Herausforderung ist (Geräuschpegel) und rechtlich wegen Musik schwierig sein kann. Ein Live-Stream von der Messe könnte wegen der lauten GEMA-pflichtigen Musik im Hintergrund sofort stummgeschaltet werden oder einen Strike provozieren. Das muss man einkalkulieren.

Im Ergebnis gilt: Will man von einem Event streamen, vorher unbedingt informieren, ob das gestattet ist. Im Idealfall holt man sich eine Genehmigung. Ansonsten sollte man es sehr niedrigschwellig halten, vielleicht nur kurze Live-Einblicke geben oder sich auf das Gelände drumherum beschränken. Beispielsweise könnte man außerhalb der Konzerthalle streamen, wie man zum Event geht, aber den eigentlichen Auftritt dann nicht live filmen. Oder bei einer Messe eher die Außenbereiche, Stände von außen, allgemeine Hallenstimmung zeigen, aber keine einzelnen Messebesucher ohne Wort fragen. So minimiert man das Risiko, Ärger mit Veranstaltern oder anderen Gästen zu bekommen.

Verkehrsmittel: Bahn, Bus, Flugzeug & Co.

IRL-Streaming in Verkehrsmitteln ist ein Kapitel für sich. Viele Streamer nehmen ihre Community gerne mit auf Reisen – z.B. im Zug auf dem Weg zu einem Reiseziel oder im Flixbus quer durchs Land. Doch hier trifft man auf enge Räume voller Menschen und auf Beförderungsunternehmen, die klare Regeln haben.

Deutsche Bahn (Zugverkehr): In Zügen und an Bahnhöfen hat die Bahn AG das Hausrecht. Offiziell ist das Filmen für private Zwecke nicht ausdrücklich verboten, aber die Bahn möchte verständlicherweise nicht, dass andere Fahrgäste oder Mitarbeiter ungefragt gefilmt werden. Es gibt auch Sicherheitsaspekte (nicht in Gleisbereiche filmen, keine kritischen Anlagen zeigen). Praktisch reagieren Bahn-Mitarbeiter unterschiedlich auf streamende Fahrgäste: Manche ignorieren es, andere fordern einen auf, damit aufzuhören, besonders wenn andere Reisende sich belästigt fühlen. Einen prominenten Fall lieferte ebenfalls Streamer MontanaBlack: Er streamte in einer Regionalbahn und geriet in Streit mit Bahn-Sicherheitsleuten – diese wollten nicht gefilmt werden und erstatteten später Anzeige wegen Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte. Daran sieht man: Im Zug zu streamen kann schnell eskalieren. Fahrgäste haben in einem Verkehrsmittel zwar nicht dieselbe Privatsphäre wie zuhause, aber sie dürfen erwarten, nicht ungefragt im Internet zu landen.

Es kann außerdem sein, dass das Zugpersonal das Streaming als Störung des Betriebs ansieht (z.B. wenn man laut redet ins Mikro oder mit Kamera durch Gänge geht). Im schlimmsten Fall könnte man an einem Halt von der Weiterfahrt ausgeschlossen werden.

Öffentliche Verkehrsmittel (Bus, Tram, U-Bahn): Hier gilt Ähnliches wie im Zug, oft noch verstärkt durch den beengten Raum. In einem Linienbus werden andere Passagiere sofort merken, wenn jemand mit einer Kamera filmt. Viele reagieren darauf ablehnend oder irritiert. Der Busfahrer könnte eingreifen, da in seinen Fahrzeugen kein ungewöhnliches Verhalten geduldet werden muss, das die Fahrgäste stört. In städtischen Verkehrsbetrieben gibt es mitunter Vorschriften, dass gewerbliches Filmen genehmigungspflichtig ist. Ein Livestream könnte man als gewerblich einstufen, wenn der Streamer damit Einkommen erzielt. Abgesehen davon: Man sollte auch an die eigene Sicherheit denken – in der U-Bahn oder im Nachtbus mit teurer Kamera zu hantieren, kann unerwünschte Aufmerksamkeit erzeugen.

Flugzeug und Flughafen: Das Streamen in Flugzeugen ist faktisch kaum möglich, schon technisch (kein mobiles Internet in der Luft, WLAN meist zu schwach). Aber auch rechtlich/regelmäßig gibt es Hürden: Beim Boarding und im Flieger weisen einen die Crews oft darauf hin, dass das Aufnehmen von Fotos/Videos von Personal oder Mitreisenden nicht gestattet ist. Fluggesellschaften wollen verständlicherweise keine Live-Aufnahmen von Sicherheitsdurchsagen, anderen Passagieren oder gar von eventuellen Konflikten an Bord. Wer trotzdem versucht zu streamen, könnte von der Crew aufgefordert werden, damit aufzuhören. Da an Bord die Anweisungen des Personals Folge zu leisten ist (gesetzliche Pflicht laut Luftverkehrsordnung), muss man dem nachkommen – sonst drohen empfindliche Strafen oder man wird im nächsten Flughäfen der Polizei übergeben. In Flughäfen selbst gilt: in Sicherheitsbereichen darf nicht gefilmt werden (Sicherheitskontrolle, Zoll). In der öffentlich zugänglichen Flughafenhalle kann man theoretisch streamen, aber hier greifen wieder Hausrecht und erhöhte Sicherheitsanforderungen. Es ist also heikel.

Taxis und Mitfahrgelegenheiten: Wenn man in einem Taxi oder Uber sitzt, ist das Fahrzeug zwar kein öffentlicher Raum, aber auch kein klassisches Privatgelände – es ist ein intermediärer Bereich. Dennoch sollte man unbedingt den Fahrer fragen, bevor man z.B. eine Taxifahrt live überträgt. Viele Fahrer werden damit nicht einverstanden sein, schon gar nicht, wenn ihre Stimme oder gar Gesicht im Internet landen. Rechtlich dürfte das Aufnehmen des Gespräches ohne Einwilligung sogar strafbar sein (Verletzung der Vertraulichkeit des gesprochenen Wortes, §201 StGB). Also hier ist eindeutig: Nicht heimlich streamen, sondern nur wenn alle Beteiligten (Fahrer, Mitfahrer) ausdrücklich zustimmen.

Fazit: In Verkehrsmitteln ist IRL-Streaming meist keine gute Idee. Die Enge und die unfreiwillige Nähe zu anderen Personen machen es fast unvermeidbar, deren Rechte zu tangieren. Zudem haben Verkehrsunternehmen oft eigene Regeln, und man begibt sich in eine Situation, in der man bei Ablehnung nicht einfach „weggehen“ kann – man sitzt ja gemeinsam im Zug/Bus/Flieger. Wenn es dennoch nötig ist, sollte man es sehr dezent halten: vielleicht stumm schalten oder Kamera aus, wenn Leute in unmittelbarer Nähe sind; lieber aus dem Fenster filmen statt Gesichter im Abteil; Gespräche vermeiden. Im Grunde ist es aber ratsamer, während der Reiseetappe eine Pause einzulegen und erst wieder draußen weiterzustreamen. So erspart man sich und anderen Ärger.

Technische Voraussetzungen und typische Streaming-Ausrüstung

Rechtliche Aspekte sind das eine – doch ein IRL-Stream steht und fällt auch mit der technischen Umsetzung. Live unter freiem Himmel oder unterwegs zu senden, stellt höhere Anforderungen als das gemütliche Streaming vom PC daheim. Hier ein Überblick über die nötige Ausrüstung, die Verbindungstechnik und worauf man aus technischer Sicht achten sollte (inklusive Lösungen, um datenschutzkonform zu bleiben).

Equipment: Kamera, Mikrofon und Stabilisierung

Grundlegend lässt sich IRL-Streaming mit einem aktuellen Smartphone bewerkstelligen. Moderne Smartphones haben ausreichend gute Kameras und können über die Mobilfunkverbindung live senden. Für Gelegenheits-Streamer reicht das völlig aus. Allerdings sollte man ein paar Helferlein nutzen, um die Qualität zu verbessern und das Handling zu erleichtern, hier folgend nun Zubehör für IRL-Backpack:

  • Gimbal oder Stabilisierung: Ein 3-Achsen-Gimbal (stabilisierender Selfiestick) ist beinahe Standard für IRL-Streams. Er sorgt dafür, dass das Bild nicht verwackelt, während man läuft oder sich bewegt. Ohne Gimbal führt jeder Schritt zu ruckeligen Bildern, was für Zuschauer unangenehm ist. Alternativ kann man ein kleines Hand-Stativ nehmen, das zumindest etwas mehr Halt gibt. Gimbals gibt es schon relativ günstig; sie halten das Smartphone elektronisch im Gleichgewicht. Damit bekommt der Stream ein professionelleres Aussehen.
  • Mikrofon: Gerade draußen ist Ton ein Thema – Windgeräusche oder Straßenlärm können es schwer machen, den Streamer zu verstehen. Ein externes Ansteckmikrofon oder ein Richtmikro am Gerät kann die Sprachqualität enorm verbessern. Manche nutzen auch die in Earbuds integrierten Mikrofone oder spezielle Streamer-Mikros, die am Kragen oder Rucksack befestigt werden. Wichtig ist, dass es einen Windschutz (Windjammer) gibt, sonst pfeift der Wind unangenehm. Gute Audioqualität erhöht die Zuschauertreue deutlich.
  • Kamera: Wer nicht mit dem Handy streamen möchte, kann eine separate Action-Cam oder Digitalkamera verwenden, die ein Live-Signal ausgibt. Profi-IRL-Streamer verwenden z.B. GoPros oder spiegellose Kameras, die via tragbarem Encoder streamen. Diese können bessere Bildqualität liefern (bessere Low-Light-Performance für Abendszenen, Zoom-Möglichkeiten, Wechselobjektive). Allerdings steigt damit das Gewicht und die Komplexität der Ausrüstung beträchtlich. Für den Anfang ist das Smartphone absolut ausreichend.
  • Zweites Gerät für Chat: Da auf dem Handy-Bildschirm oft die Kameravorschau und Streaming-App läuft, benutzen viele Streamer ein zweites Handy oder ein kleines Tablet, um den Chat der Zuschauer zu lesen. Alternativ kann man Chatnachrichten per Text-to-Speech vorlesen lassen, aber das birgt Risiken (Zuschauer könnten unpassende Dinge schreiben, die dann laut im öffentlichen Raum abgespielt werden – besser nicht!). Ein unauffälliges Zweitgerät, auf das man zwischendurch schaut, ist meist die bessere Variante, um mit dem Chat in Kontakt zu bleiben.
  • Rucksack und Halterungen: Wenn die Ausrüstung größer wird (z.B. zusätzliche Akkus, Kabel, eventuell ein tragbarer WLAN-Router oder LTE-Modem), ist ein spezieller Rucksack praktisch. Es gibt IRL-Streaming-Rucksäcke, die innen organisiert sind für Technik, mit Durchführungen für Kabel etc. Aber auch ein normaler Tagesrucksack kann dienen, um Powerbank und Co. zu verstauen. Für Kameras gibt es Brust- oder Schulterhalterungen, falls man mal freihändig filmen will (Action-Cam-Brustgurt etwa).

Letztlich hängt die Ausrüstung vom Anspruch und Budget ab. Wer nur ab und zu als Hobby draußen streamt, sollte nicht direkt tausende Euro investieren. Ein solides Smartphone, ein Gimbal und ein Mikro kann schon sehr gute Ergebnisse bringen. Wer das Ganze zum Hauptinhalt macht, wird über kurz oder lang aufrüsten – mehrere Kameras, ein Hardware-Encoder, bessere Audio-Lösungen etc. – aber das ist dann eher Profi-Niveau.

Internetverbindung und Netzabdeckung

Das A und O des Live-Streamings unterwegs ist eine stabile Internetverbindung. In der Stadt mag LTE/4G oder 5G meist vorhanden sein, aber schon ein paar Straßenzüge weiter oder in Gebäuden kann der Empfang schwächeln. Nichts ist frustrierender für Zuschauer (und Streamer) als ständige Verbindungsabbrüche oder Buffering. Daher muss man diesem Punkt besondere Aufmerksamkeit schenken:

  • Mobilfunk: Die meisten IRL-Streams laufen über das Mobilfunknetz. In Deutschland sind die Netze regional unterschiedlich stark (Telekom, Vodafone, o2/Telefónica als Hauptanbieter). Es lohnt sich, vor einem geplanten Stream-Hotspot zu prüfen, welcher Anbieter dort guten Empfang hat. Viele Streamer setzen auf mehrere SIM-Karten von verschiedenen Anbietern, um flexibel zu sein. Professionelle Rigs bündeln sogar mehrere Verbindungen (sogenanntes Bonding) zu einem stabileren Gesamtstream. Für den Anfang tut es aber eine gute 4G/5G-Verbindung. Wichtig: ein Tarif mit hohem Datenvolumen oder am besten unbegrenztem Daten. Live-Video frisst viele Gigabytes – je nach Qualität können es 1 bis 3 GB pro Stunde sein (bei 720p/1080p). Mit einem 5- oder 10-GB-Tarif kommt man da nicht weit. Streamer investieren oft in teurere „Unlimited“-Verträge, um nicht plötzlich gedrosselt zu werden.
  • WLAN und Hotspots: Man könnte denken, öffentliche WLANs seien eine Lösung, aber meistens sind die instabil oder zu langsam für Streaming. Außerdem bringen sie Login-Seiten und wechselnde IPs mit sich, was den Stream unterbrechen kann. Besser ist, sich auf mobile Daten zu verlassen. Ausnahme: Wenn man indoor streamen will (z.B. ein Café-IRL-Stream), könnte man das WLAN des Cafés nutzen, falls erlaubt, aber auch hier ist die Bandbreite oft geteilt mit vielen Gästen. Insgesamt ist LTE/5G-Mobilfunk die zuverlässigste Quelle.
  • Netzabdeckung planen: Erfahrene IRL-Streamer kennen oft die Funklöcher ihrer Region. Wenn man z.B. eine Wanderung streamt, sollte man vorher checken, ob auf der Route Empfang ist. In ländlichen Gegenden bricht der Stream sonst ab, was die Zuschauer vergrault. Es gibt Apps und Karten der Netzbetreiber, die die Abdeckung zeigen – daran kann man sich orientieren. Notfalls muss man damit leben, dass man nicht überall online sein kann. In Tunneln, Kellern, U-Bahnen reißt der Stream fast unvermeidlich ab; in solchen Momenten hilft es, die Community vorzuwarnen oder eine Pause einzulegen.
  • Stream-Qualität anpassen: Viele Streaming-Apps erlauben, die Bitrate und Auflösung einzustellen. In Gegenden mit schwächerem Netz kann es sinnvoll sein, nur in 720p oder mit geringerer Bitrate zu streamen, damit der Stream flüssig bleibt. Automatiken (wie „adaptive bitrate“) können helfen, aber nicht alle mobilen Apps haben das. Manchmal muss man manuell ein wenig herumprobieren, bis ein stabiler Wert gefunden ist. Lieber ein flüssiger Stream in etwas niedrigerer Qualität, als ständige Aussetzer bei Full HD.

Energieversorgung und Laufzeit

Live-Streaming beansprucht die Hardware stark: Die Kamera ist dauerhaft an, der Prozessor codiert Video, das Display leuchtet, und das Mobilfunkmodul überträgt pausenlos Daten. Das führt zu hohem Stromverbrauch. Ein normales Smartphone hält bei kontinuierlichem Streamen vielleicht 1–2 Stunden durch, dann ist der Akku leer. Um längere IRL-Sessions hinzubekommen, muss man sich um zusätzliche Energie kümmern:

  • Powerbanks: Externe Akkupacks sind ein Muss. Empfehlenswert sind Powerbanks mit hoher Kapazität (20.000 mAh und mehr). Viele Streamer haben sogar mehrere davon dabei. Man kann das Handy während des Streamens an der Powerbank hängen haben – am besten ein langes Kabel, das schön am Gimbal entlanggeführt wird, damit es nicht stört. Moderne Powerbanks laden mit Schnelllade-Technik (QuickCharge/USB-PD), sodass das Handy trotz Nutzung geladen wird. Achte darauf, dass die Powerbank genug Output liefert (mind. 5V/2A konstant).
  • Wechselakkus und Geräte: Wenn man mit einer GoPro oder Kamera streamt, sollte man genügend Wechselakkus dabeihaben oder die Kamera ebenfalls an eine Powerbank anschließen (viele Actioncams kann man während des Betriebs laden). Gleiches gilt für mobile Router/Encoder, die oft auch mit Akku laufen – auch hier Reserveakkus mitnehmen.
  • Lange Streams organisieren: Bei sehr langen IRL-Streams (sagen wir über 6-8 Stunden) kommt irgendwann auch die beste Powerbank an ihr Ende. Hier muss man strategisch planen: Vielleicht zwischendurch irgendwo einkehren, wo man die Akkus nachladen kann (Café, das Steckdosen hat). Oder einen Teil der Strecke mit dem Streaming aufhören, Geräte laden und dann wieder starten. Es gibt sogar solarbetriebene Powerbanks, aber in der Praxis nützen die wenig, weil Live-Streaming meist viel schneller den Akku leert, als die Sonne nachladen könnte.
  • Hitze und Kühlung: Eng verknüpft mit Strom ist Wärme. Smartphones werden beim dauerhaften Streamen warm bis heiß. Im Sommer in der Sonne kann es passieren, dass das Gerät überhitzt und sich abschaltet. Dann hilft auch die größte Powerbank nichts. Daher: Das Telefon nach Möglichkeit nicht in direktes Sonnenlicht halten, ggf. eine helle Handyhülle verwenden (dunkle Farben ziehen Wärme an) und ab und zu eine Pause gönnen. Manche erfahrene IRL-Streamer haben kleine Kühl-Pads oder Lüfter am Handy befestigt. Auch eine niedriger eingestellte Helligkeit des Bildschirms spart Energie und Hitze.

Kurz: Planen Sie (bzw. plane du als Streamer) immer ausreichend Strom ein. Lieber zu viel Akkukapazität mitschleppen als mitten im spannendsten Moment offline gehen müssen. Die Zuschauer bleiben eher dran, wenn der Stream ohne unfreiwillige Unterbrechungen läuft.

Datenschutzgerechte Technik (Unschärfe-Filter & Co.)

Angesichts der eingangs genannten Datenschutz-Problematik stellt sich die Frage: Gibt es technische Lösungen, um z.B. unbeteiligte Passanten automatisch unkenntlich zu machen? Im professionellen Bereich (z.B. im Fernsehen) werden Gesichter nachträglich gepixelt, aber live ist das schwieriger. Dennoch gibt es Ansätze:

  • Manuelle Kamerasteuerung: Die einfachste „Technik“ ist der gesunde Menschenverstand und Finger am Auslöser: Wenn erkennbar jemand im Hintergrund ist, der nicht gefilmt werden will, kann man die Kamera bewusst wegdrehen oder nach unten richten. Einige Streamer haben ein Hotkey, um schnell ein Zwischenbild (z.B. ihr Logo oder eine „Bitte warten“-Grafik) einzublenden, falls eine kritische Situation auftritt. Das erfordert allerdings, dass man es bemerkt und schnell reagiert.
  • Geringe Schärfentiefe: Manche streamen mit Kameras, die den Hintergrund unscharf stellen (Bokeh-Effekt). Wenn der Fokus auf dem Streamer liegt und alles drumherum verschwommen ist, sind andere Personen kaum zu erkennen. Das kann helfen, verletzt aber streng genommen immer noch das Gesetz, sobald jemand erkennbar bleibt. Außerdem funktioniert das nur mit bestimmter Hardware (Spiegelreflex/DSLM oder neuere Smartphones mit Portrait-Video-Modus, wobei letzterer live selten auf Streamingapps anwendbar ist).
  • Software-Filter: Es gibt Software-Tools, die in Echtzeit Gesichter erkennen und pixeln könnten. In der Praxis für mobile Streams sind diese aber (noch) nicht üblich, weil sie sehr rechenintensiv sind und auf Smartphones nicht zuverlässig laufen. Einige Entwickler experimentieren mit solchen Funktionen. Bis sowas breit verfügbar und stabil ist, muss man sich auf eigene Maßnahmen verlassen.
  • Datensparsame Einstellungen: Um nicht unnötig persönliche Daten von anderen zu verbreiten, kann man kleine Dinge anpassen: Etwa die Kamera nach vorne gerichtet halten (also „Selfie-Modus“), sodass hauptsächlich man selbst zu sehen ist und der Hintergrund hinter einem liegt. Oder wenn man z.B. in einem Gespräch mit jemandem ist, der nicht auf Kamera will, das Mikro stummzuschalten und die Kamera auf den Boden zu richten – so wird weder Gesicht noch Stimme gesendet.
  • Moderation im Chat: Ein Aspekt von Datenschutz: Achte darauf, dass im Livechat niemand persönliche Daten preisgibt (z.B. „Hey, du bist doch gerade in der Musterstraße 5, ich erkenne es!“ – sowas sollte der Moderator löschen). Auch sollte man selbst keine privaten Daten unbedacht im Stream zeigen, z.B. Ausweise, Tickets mit Klarnamen, Adressen auf Post usw. Hier geht es zwar um die eigenen Daten, aber es fällt auch unter Datenschutz und Privatsphäre, woran Streamer denken müssen.

Insgesamt sind die technischen Hilfsmittel begrenzt – der beste Schutz ist Vorbeugung: Situationen meiden, in denen viele „schutzwürdige“ Personen ungefiltert ins Bild kommen. Manche IRL-Streamer wählen ihre Locations entsprechend: z.B. eher Natur, Lost Places, touristische Sehenswürdigkeiten (wo es normal ist zu filmen) statt belebter Einkaufsstraße mit ahnungslosen Passanten. Wenn doch, dann zumindest keine Kinder filmen, bei heiklen Momenten Kamera weg, und im Zweifel die Aufnahme im Nachhinein bearbeiten (bei Plattformen wie YouTube kann man Gesichter nachträglich automatisch verwischen lassen in Aufzeichnungen). Live hilft das zwar nicht mehr, aber für die spätere Abrufbarkeit.

Ein Spezialthema in Sachen Sicherheit ist Swatting – das absichtliche Falschmelden eines Notfalls an die Polizei, um einen Streamer zu überraschen. Technisch kann man sich kaum dagegen schützen, außer seine genaue Position geheim zu halten. Einige Streamer blenden z.B. ihren aktuellen Aufenthaltsort nicht direkt ein oder streamen mit leichter Zeitverzögerung, damit Täter nicht in Echtzeit die Adresse ermitteln können. Aber das führt hier etwas vom Thema ab; nur als Hinweis: erfolgreiche IRL-Streamer müssen auch an solche Gefahren denken, die allerdings nicht durch Technik alleine gelöst werden können.

Praxisfälle: Rechtliche Konflikte beim IRL-Streaming in Deutschland

Trotz aller Vorsicht kann es – wie bereits angedeutet – zu rechtlichen Auseinandersetzungen kommen, wenn sich gefilmte Personen oder Institutionen wehren. In den letzten Jahren gab es in Deutschland einige aufsehenerregende Fälle rund um IRL-Streaming. Im Folgenden schauen wir uns ein paar Beispiele an, was passiert ist und was daraus gelernt werden kann.

Fallbeispiel: Kirmes-Streamer und das Recht am eigenen Bild

Ein einschlägiger Fall betraf einen Streamer, der sich selbst als „größter Kirmes-Streamer“ bezeichnete. Dieser betrieb auf Volksfesten eine eigene Bude und ließ nahezu täglich eine Kamera mitlaufen, um seinen Alltag auf der Kirmes live ins Internet zu senden. Besucher seiner Bude konnten also unwissentlich in seinem Stream landen. Um sich abzusichern, hängte der Streamer wohl Hinweisschilder auf, dass auf dem Gelände gefilmt wird und dass mit Betreten Einverständnis zum Streaming gegeben werde.

Dennoch fühlte sich eine Besucherin, die in einem dieser Livestreams auftauchte, in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt. Sie war offenbar erkennbar im Video zu sehen, und möglicherweise wurde sie im Chat oder von Zuschauern im Nachhinein belästert oder lächerlich gemacht. Sie schaltete eine Anwaltskanzlei ein. Diese forderte den Streamer zunächst per Abmahnung auf, die weiteren Veröffentlichungen zu unterlassen und eine Unterlassungserklärung abzugeben. Der Streamer zeigte sich uneinsichtig und wollte keine strafbewehrte Unterlassungserklärung unterschreiben. Daraufhin ging die Sache vor Gericht.

Das Landgericht Frankfurt am Main erließ eine einstweilige Verfügung gegen den Kirmes-Streamer. Darin wurde ihm untersagt, das Bildnis der Klägerin weiterhin ohne deren Einwilligung zu verbreiten oder öffentlich zur Schau zu stellen. Für den Fall der Zuwiderhandlung wurde – wie üblich – ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 € angedroht (ersatzweise Ordnungshaft). Zudem musste der Streamer die Verfahrenskosten tragen, die sich auf einige tausend Euro beliefen. Besonders interessant an dem Gerichtsbeschluss: Das Gericht ließ die Argumentation des Streamers nicht gelten, wonach die Besucherin durch das Schild am Eingang ja konkludent eingewilligt hätte. Die Richter meinten, ein bloßer schriftlicher Hinweis vor Ort genüge nicht, um auf das individuelle Einverständnis jeder Person zu schließen – so ein Schild könne leicht übersehen werden, und selbst wenn jemand es gesehen hat, könnte er sein Einverständnis jederzeit widerrufen.

Dieses Beispiel zeigt sehr deutlich: Warnschilder oder allgemeine Hinweise „Achtung, hier wird gestreamt“ bieten keinen sicheren Schutz vor rechtlichen Ansprüchen. Jeder Fall ist individuell. Wenn sich jemand deutlich erkennbar gezeigt fühlt und das nicht möchte, hat er/sie auch im Nachhinein noch Möglichkeiten, gegen den Streamer vorzugehen. Für Streamer heißt die Lehre: Selbst wenn man versucht, transparent zu sein und Leute indirekt zu informieren, bleibt ein Risiko. Im Zweifel muss man also auch in solchen halb-öffentlichen Situationen sehr zurückhaltend agieren.

Fallbeispiel: MontanaBlack im Wildpark

Der bekannte Twitch-Star MontanaBlack (bürgerlich Marcel Eris) wagte sich 2022 ebenfalls ins IRL-Streaming und besuchte einen Wildpark (Wildpark Schwarze Berge bei Hamburg) mit laufender Kamera. Er hatte – vorbildlich – vorab die Erlaubnis des Parks eingeholt, dort filmen zu dürfen. Im Stream, den zehntausende Zuschauer live verfolgten, zeigte er unter anderem, wie er Tiere füttert und mit Tierpflegern spricht. Soweit, so gut – der Park selbst hatte kein Problem damit. Aber: In einer Szene lief MontanaBlack durch den Park, während hinter ihm eine Mutter mit ihrem kleinen Kind entlang spazierte. Diese beiden waren für rund 20–30 Sekunden im Stream-Video zu sehen, teils im Hintergrund, teils relativ deutlich erkennbar. MontanaBlack interagierte zwar nicht mit ihnen, aber sie gerieten zufällig ins Bild.

Die betroffene Mutter fühlte sich dadurch in ihrem Recht am eigenen Bild verletzt. Insbesondere, da das Kind minderjährig ist, war sie sehr empfindlich, dass Aufnahmen ihres Kindes ohne Erlaubnis im Internet gelandet sind. Sie schaltete ebenfalls Anwälte ein. In diesem Fall ging es vor das Landgericht Hamburg, das wegen der Eilbedürftigkeit (der Stream war ja bereits online abrufbar als Aufzeichnung) ohne mündliche Verhandlung entschied. Ergebnis: MontanaBlacks Betreiberfirma wurde per einstweiliger Verfügung verpflichtet, die Aufnahmen des Kindes und der Mutter unkenntlich zu machen oder zu entfernen. Für den Fall der Nichtbefolgung drohte auch hier ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 € und ersatzweise Ordnungshaft. MontanaBlack musste zudem die Kosten des Verfahrens tragen.

Interessant war die öffentliche Resonanz: Viele in der Streaming-Community hofften auf ein klares Urteil, das vielleicht gewisse Freiheiten für IRL-Streams definiert. Stattdessen kam aber diese scharfe Maßnahme zugunsten der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen. MontanaBlack fügte sich dem Beschluss (er verpixelte bzw. löschte die betreffenden Sequenzen) – er verzichtete auf einen Widerspruch oder eine Berufung, so dass es beim Vergleich bzw. der einstweiligen Verfügung blieb. Später bezeichnete er diesen Vorfall als Lektion und streamte in Deutschland nur noch sehr vorsichtig weiter.

Für andere Streamer demonstriert dieser Fall eindringlich: Selbst in scheinbar harmlosen Situationen – ein Tierpark-Ausflug – kann man rechtlich belangt werden, wenn man nicht aufpasst. Insbesondere Kinder sollte man niemals ohne Zustimmung der Eltern filmen. Eltern reagieren (zurecht) sehr empfindlich, wenn ihre Kinder ungefragt im Internet auftauchen. Aber auch bei Erwachsenen zeigt der Fall, dass Gerichte wenig Toleranz haben: Obwohl Mutter und Kind nur „zufällig“ im Hintergrund liefen, sah das Gericht hier eine Verletzung, da sie doch erkennbar und eine Weile im Bild waren. Es wurde argumentiert, dass sie zeitweise im Fokus der Kamera standen, auch wenn der Streamer eigentlich etwas anderes filmte.

Fallbeispiel: Live-Streit im Zug (MontanaBlack vs. Bahn-Mitarbeiter)

Nochmals MontanaBlack – seine Ausflüge ins Real-Life-Streaming haben gleich mehrere Fälle produziert, die als Lehrbeispiele dienen. In einem späteren Stream unternahm er eine E-Bike-Tour und nutzte einen Personenzug, um ein Stück weit zu fahren. Dabei verstieß er wohl gegen eine Beförderungsregel (er nahm sein E-Bike zu einer Stoßzeit mit, obwohl im Verkehrsverbund zu Pendlerzeiten Fahrräder nicht erlaubt sind). Ein Sicherheitsmitarbeiter der Deutschen Bahn sprach ihn im Zug darauf an. MontanaBlack streamte die Situation live weiter, wodurch der Mitarbeiter deutlich im Video auftauchte. Dieser fühlte sich unwohl und forderte wohl, nicht gefilmt zu werden – aber da war er bereits im Stream zu sehen gewesen. Schließlich kam es zu einem Wortgefecht, MontanaBlack zeigte Unverständnis und filmte weiter bis er ausstieg.

Nach diesem Vorfall entschieden sich der Bahn-Mitarbeiter und ein Kollege, der ebenfalls kurz im Stream zu sehen war, Strafanzeige zu stellen. Und zwar nicht nur zivilrechtlich, sondern tatsächlich strafrechtlich wegen „Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen“. Das ist ein Straftatbestand (§201a StGB), der normalerweise das Filmen in Wohnungen oder von hilflosen Personen etc. unter Strafe stellt, aber offenbar sahen sie hier ihren höchstpersönlichen Bereich tangiert (ob das vor Gericht Bestand hätte, sei dahingestellt – es war jedenfalls der juristische Weg, den sie einschlugen). Theoretisch sieht dieser Paragraf Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren vor, in der Praxis würde bei Erstverstößen wohl maximal eine Geldstrafe herauskommen, aber die Schlagzeilen lauteten natürlich dramatisch „MontanaBlack drohen bis zu 2 Jahre Haft“.

MontanaBlack selbst zeigte wenig Einsicht, er kommentierte im Nachhinein sinngemäß, die Mitarbeiter hätten doch einfach sagen können, er solle das Material löschen, dann wäre es gut gewesen – statt direkt zur Polizei zu gehen. Er empfand die Reaktion als überzogen. Aus Sicht der Bahn-Mitarbeiter war es aber ihr gutes Recht, sich zu wehren, da sie ungefragt gefilmt wurden während sie ihren Job taten, und obendrein in einem Kontext, wo MontanaBlack sich über die „dämlichen Regeln“ beschwerte (er war ja verärgert über die Fahrrad-Sperrzeit). Hier kommt also noch die Komponente hinzu, dass sie möglicherweise negative Darstellung oder Beleidigung fürchteten.

Der Ausgang dieses Falls ist (zum Zeitpunkt des Schreibens) noch nicht bekannt – es könnte zu einer Anklage kommen oder das Verfahren wird eingestellt. Unabhängig davon lehrt die Episode: Gerade Mitarbeiter von Unternehmen oder Behörden reagieren oft besonders empfindlich auf ungefragtes Filmen. Sie sind während der Arbeit uniformiert oder mit Namensschild unterwegs und wollen nicht in einen öffentlichen Stream gezerrt werden. Für Streamer kann das bedeuten, dass Konflikte mit Personal in öffentlichen Verkehrsmitteln, Geschäften, Security etc. schnell eine rechtliche Dimension annehmen. Hier hätte MontanaBlack eventuell Ärger vermeiden können, wenn er sofort die Kamera ausgemacht oder weggedreht hätte, als der Bahn-Mitarbeiter einschritt. Stattdessen hat er den Konflikt laufen lassen – was den Beteiligten offenbar keine andere Option ließ, als den offiziellen Weg zu gehen.

Lehren für IRL-Streamer aus den Fällen

Die geschilderten Praxisfälle machen deutlich, dass IRL-Streaming in Deutschland mit erheblichen rechtlichen Risiken verbunden ist. Was kann man nun als (angehender) IRL-Streamer daraus lernen? Hier einige Schlussfolgerungen und Tipps:

  • Einwilligung einholen, wo immer möglich: Natürlich kann man nicht jeden Passanten mit Vertrag herumlaufen lassen, aber in Situationen, wo es planbar ist (z.B. man interviewt jemanden, besucht einen Laden, fährt Taxi etc.), immer vorher fragen, ob die Person einverstanden ist, im Stream aufzutauchen. Ein mündliches “Ist es okay, wenn ich live streame und Sie dabei zu sehen sind?” schafft Klarheit. Im Zweifel lieber nicht filmen, wenn Unsicherheit besteht.
  • Menschenmengen vs. Einzelpersonen: Es ist sicherer, in der Anonymität der Menge zu streamen als einzelne Leute nah draufzuhalten. Wenn man z.B. am Brandenburger Tor entlangläuft und hunderte Touristen im Bild sind, ist das etwas anderes, als wenn man 5 Minuten lang einem bestimmten Passanten folgt oder immer wieder denselben ins Bild nimmt. Also: keine Person zum unbeabsichtigten „Star“ des Streams machen, die es nicht will.
  • Auf Signals achten: Viele Menschen werden zwar nichts sagen, auch wenn sie gefilmt werden – aber manche signalisieren Unmut durch Gesten oder Blicke. Ein respektvoller Streamer hat ein Auge dafür. Wenn jemand z.B. die Hand vors Gesicht hält oder bewusst ausweicht, sollte man das respektieren und die Kamera wegschwenken. Auch Rufe wie „Lass das Filmen!“ sind natürlich ernst zu nehmen. Ignoriert man solche Zeichen, erhöht man das Risiko, dass die Person nachträglich gegen den Stream vorgeht.
  • Keine Kinder ohne Zustimmung der Eltern filmen: Das kann man nicht genug betonen. Kinder haben einen besonderen Schutz. Selbst wenn Eltern dabei sind und nichts sagen, sollte man fragen. Im Zweifelsfall lieber die Kamera weg, sobald Kinder ins Bild laufen, außer es handelt sich um eine große öffentliche Veranstaltung mit vielen Kindern (z.B. Martinsumzug – aber auch da wäre Zurückhaltung angebracht).
  • Vorsicht bei heiklen Orten: In Zügen, Krankenhäusern, Schulen, Behörden, Gerichten etc. hat man eigentlich nichts mit laufender Kamera verloren, außer man hat eine offizielle Erlaubnis. Dort sind die Leute besonders achtsam und es gibt oft klare Verbote. Diese Zonen wenn möglich meiden oder den Stream pausieren, wenn man da hindurch muss.
  • Parken und Privateigentum respektieren: Will man unbedingt an einem privaten Ort streamen (Einkaufszentrum, Freizeitpark), im Voraus Erlaubnis einholen. Einfach auftauchen und laufen lassen ist eine Lotterie – vielleicht passiert nichts, vielleicht fliegt man raus oder handelt sich späteren Ärger ein. Mit einer schriftlichen Genehmigung hat man zumindest gegenüber dem Eigentümer Rückendeckung. Trotzdem behutsam agieren, um Dritte nicht bloßzustellen (Genehmigung schützt nicht vor Ansprüchen Dritter, wie wir sahen).
  • Notfall-Plan haben: Überlege Dir vorher, was Du tust, wenn doch jemand wütend reagiert oder Polizei/Security vor Dir steht. Empfehlenswert ist, den Stream sofort zu beenden oder zu unterbrechen, sobald die Situation brenzlig wird. Dann kann man in Ruhe offline klären, ohne dass alles live dokumentiert wird (was nachher gegen einen verwendet werden könnte). Ein kurzes „Ich erkläre es Ihnen gern, ich mache die Kamera solange aus“ entschärft vieles. Zudem vermeidet man so, dass etwas im Internet landet, was man später bereut.
  • Umgang mit Aufzeichnungen: Viele IRL-Streams sind nach Ende noch als Video abrufbar. Sollte im Nachhinein auffallen, dass jemand im Video ist, der das nicht wollte, oder sensible Dinge zu sehen sind (Gesichter, KFZ-Kennzeichen, Adressen), am besten diese Stellen im VoD herausschneiden oder unkenntlich machen. Plattformen wie YouTube bieten Tools, um nachträglich Gesichter zu blurren. Twitch lässt Clips löschen. Durch proaktives Bereinigen kann man ggf. einer Beschwerde vorbeugen oder entgegenkommen.
  • Rechtshilfe im Hinterkopf: Wenn man regelmäßig IRL streamt, kann es nicht schaden, sich im Vorfeld mal von einem Medienrechts-Anwalt beraten zu lassen oder zumindest informiert zu sein, wie man im Ernstfall reagieren sollte. Im Falle einer Abmahnung oder Anzeige nicht zögern, rechtlichen Rat einzuholen. Nicht jede Forderung ist automatisch berechtigt – manchmal kann ein Anwalt Schlimmeres abwenden oder eine gütliche Lösung finden. Aber noch besser ist natürlich, es gar nicht soweit kommen zu lassen.
  • Ausland als Alternative: Einige deutsche IRL-Streamer ziehen es vor, im Ausland zu streamen, wo die Gesetze oder die gesellschaftliche Haltung weniger streng sind. Tatsächlich ist in manchen Ländern das Recht am eigenen Bild nicht so stark ausgeprägt wie in Deutschland. Das soll kein Aufruf sein, hierzulande gar nicht mehr zu streamen – aber es erklärt, warum viele Reise-Streams lieber in z.B. Asien oder Amerika stattfinden als in der heimischen Fußgängerzone. Als deutscher Streamer muss man sich bewusst sein: Deutschland hat hohe Datenschutzstandards, was ja etwas Gutes für die Bürger ist, für Content-Creators aber auch bedeutet, dass man stärker eingeschränkt ist.

Fazit

Streaming in Deutschland, miot einem IRL Backpack ist zweifellos eine Herausforderung. Rechtliche Aspekte wie Datenschutz, Persönlichkeitsrechte und Urheberrechte schränken den spontanen Griff zur Kamera deutlich ein. Je nach Ort gibt es zusätzliche Hürden – vom strengen Hausrecht in Freizeitparks bis zur problematischen Enge in Verkehrsmitteln. Wer sich dennoch an IRL-Streams wagt, sollte bestens über die Gesetze Bescheid wissen, sich mit geeigneter Technik ausrüsten und immer einen Sinn für Rücksichtnahme behalten. Die geschilderten Fälle zeigen, dass Verstöße real verfolgt werden und empfindliche Konsequenzen haben können – von Unterlassungsverfügungen mit hohen Strafandrohungen bis zu strafrechtlichen Ermittlungen.

Dennoch ist IRL-Streaming nicht unmöglich. Viele Inhalte lassen sich mit etwas Planung und Vorsicht umsetzen, ohne in Fettnäpfchen zu treten. Wenn die Streamer-Community ein Gespür dafür entwickelt, respektvoll zu filmen, und wenn Zuschauer verstehen, dass in Deutschland gewisse Dinge eben nicht gezeigt werden dürfen, kann IRL-Streaming auch hierzulande seinen Platz finden. Am Ende kommt es auf den verantwortungsvollen Umgang mit der Kamera an: Jeder Streamer trägt die Verantwortung, die Balance zwischen aufregenden Live-Einblicken und dem Schutz der Privatsphäre Dritter zu halten. Mit diesem Bewusstsein und den richtigen Vorkehrungen kann man spannende IRL-Inhalte schaffen – und dabei hoffentlich Ärger aus dem Weg gehen. Viel Erfolg und stets gut Licht sowie Empfang beim nächsten Stream!

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